Magisch, verhext, außerirdisch?
Nein, einfach Wissenschaft!
Autor: ©Science Pool, River
Dezember 2020
Sir Arthur C. Clarke, ein berühmter britischer Physiker und Science Fiction-Autor, hat in seinen Werken folgendes Gesetz aufgestellt: „Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“ Manche Phänomene können tatsächlich wie Zauberei anmuten, kennt man die wissenschaftliche Erklärung dafür nicht. Unsere chemischen Farbumschlag-Experimente sind zwei gute Beispiele dafür. Aber wir wollen dir hier noch andere vorstellen, die auf den ersten Blick wie Zauberei wirken!
Verhexte Erde: springender Sand
Stell dir vor, du streust Sand auf eine Metallplatte und bringst die Metallplatte anschließend zum Vibrieren, indem du z. B. mit einem Geigenbogen dran streichst. Was passiert dann mit dem Sand? Die Sandkörner beginnen hüpfen. Das an sich wäre aber noch nichts Besonderes. Das eigentlich Erstaunliche daran ist, dass der Sand dabei Muster bildet.
Auslöser dieser meisterhaft abgestimmten Bewegung: die Physik der Welle
Diese Klangfiguren wurden 1787 von Ernst Florens Friedrich Chladni entdeckt und wurden nach ihm benannt. Chladni hat erkannt, dass je nach Tonhöhe, unterschiedliche Muster entstehen. Grundsätzlich sind die Figuren umso komplexer, je höher der Ton ist.
Ausgelöst wird das, weil Schall in Form von Wellen übertragen wird. Treffen diese Schallwellen aufeinander, entstehen komplizierte Muster – und die Sandkörner zeigen uns, wie diese eigentlich unsichtbaren Muster aussehen. Übrigens, in unserem Museum der Nerdigkeiten haben wir eine Chladni-Platte. Du könntest dir also diese Klangfiguren auch mal dort ansehen!
Zauberhaftes Tier: der Formwandler
Dass der wunderschöne Schmetterling zuvor eine dicke Raupe war, weißt du bestimmt. Und vermutlich verwundert dich das gar nicht mehr! Wir wissen, dass die Raupe irgendwann in einem selbst gesponnenen Kokon verschwindet und später als anmutiger Schmetterling wieder schlüpft. Aber hast du schon einmal darüber nachgedacht, was in dem Kokon eigentlich passiert? Vielleicht glaubst du, dass der Raupe einfach Flügel und ein paar längere Beine wachsen? Weit gefehlt!
Die Ursache für die Verwandlung: Die Zell-Bilologie des Schmetterlings
Tatsächlich passiert im Inneren der Raupe etwas beinahe Gruseliges: die Raupe löst sich im Inneren ihres Kokons fast komplett auf. Die Raupe „verdaut“ sich selbst, als wäre sie ein kleiner Magen! Dabei entsteht eine Art „Raupensuppe“. Dass aus dieser Suppe dann doch ein Schmetterling werden kann, liegt an den sogenannten „Imaginalscheiben“. Das sind besondere Zellen, die quasi wissen, dass sie später ein Bein oder ein Flügel werden sollen. Die Raupe hat von Geburt an Imaginalscheiben für jeden Körperteil, den sie dann als Schmetterling haben wird: für die Augen, Flügel, Beine usw. Diese Imaginalscheiben bauen dann aus der Raupensuppe den fertigen Schmetterling auf.
Eine Sache ist dabei mutet fast schon wie der Trick eines Mentalisten an: obwohl der Schmetterling eigentlich ein komplett anderes Tier ist als die Raupe, aus der er entstand, kann er sich noch an Sachen aus seinem früheren Raupenleben erinnern. Eine Forschergruppe trainierte Raupen gewisse Gerüche zu meiden. Als die Raupen dann später zu Schmetterlingen wurden, gingen sie diese Gerüche immer noch aus dem Weg.
Magisches Element: schillerndes Bismut
Stell dir vor, du gehst mit deiner Familie spazieren und findest ein in Regenbogenfarben schimmerndes Gebilde. Seine Form ist so perfekt geometrisch, seine Farben sind so schillernd, dass man fast meinen könnte, dieses Ding stammt nicht von der Erde. Leider kann man es nicht einfach so beim Spazieren finden. Es handelt sich um das Element Bismut. Die stufenartige Struktur und die in Regenbogenfarben schillernde Oberfläche entstehen nur dann, wenn Bismut geschmolzen und dann wieder abgekühlt wird.
Der Grund für die überirdisch schöne Oberfläche: chemische Prozesse
Das passiert in der Natur nur selten. Bismut schmilzt, wenn man es auf 270° C erhitzt. Das könnte man durchaus auf einer normalen Herdplatte und zu Hause schaffen. Wenn das Bismut dann wieder abkühlt und zum Feststoff erstarrt, dann bleiben die Atome in ganz bestimmten, geometrischen Mustern „hängen“. Man kann sogar dabei zuschauen, wie die Kristalle entstehen. Je langsamer das Bismut abkühlt, desto größer werden die Kristalle. Die Farben entstehen dadurch, dass Sauerstoff mit dem Bismut reagiert. Das ist der gleiche chemische Prozess, der abläuft, wenn z. B. ein Stück Eisen rostet, die Oxidation. Aber statt dass alles rostrot wird, bekommt Bismut einen regenbogenartigen Schimmer.
Unsere Welt ist und bleibt ein Wunder
Je weiter unsere wissenschaftlichen Geräte entwickelt sind, je mehr Techniken zur Erforschung von Phänomenen sich WissenschafterInnen einfallen lassen, desto mehr bisher Ungelöstes oder Unbekanntes können wir entdecken und entschlüsseln. Jeden Tag erlangen so ForscherInnen und WissenschafterInnen überall auf der Welt neue Erkenntnisse. Sir Arthur C. Clarke, von dem Satz am Anfang dieses Artikels stammt, wurde 2000 als „Knight Bachelor“ zum Ritter geschlagen, womit der Namenszusatz „Sir“ verbunden ist. Er zählt zu den sehr bekannten und anerkannten Science Fiction-Schriftstellern. Ihn zeichnete aber auch aus, dass er zudem Wissenschafter, nämlich Physiker, war. Alles, was in seinen Romanen passiert, könnte in näherer Zukunft tatsächlich möglich werden, oder ist es schon.
Dazu meinte er einmal: „Wenn ein angesehener, aber älterer Wissenschaftler behauptet, dass etwas möglich ist, hat er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit recht. Wenn er behauptet, dass etwas unmöglich ist, hat er höchstwahrscheinlich unrecht.“
Bild Sir Arthur C. Clark: ITU Pictures, CC BY 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, via Wikimedia Commons
Bild Chladni-Muster: E.F.F.Chladni, Public domain, via Wikimedia Commons
Bild Bismut bunt: Alchemist-hp (www.pse-mendelejew.de) + Richard Bartz with focus stack., CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Bild Bismut grau: Rob Lavinsky, iRocks.com – CC-BY-SA-3.0, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons