Rechts oder links, das ist hier die Frage!
Autor: ©Science Pool, Gerlinde und Jan
November 2020
Hast Du schon mal die beiden Wörter „rechtsäugig“ und „linksäugig“ gehört? Nein? Dabei beschreiben diese beiden Begriffe etwas, das für das genaue Treffen von Basketballkörben mit Bällen oder von Zielscheiben mit Pfeilen, ziemlich wichtig sein kann!
So wie du entweder Links- oder RechtshänderIn bist, wenn du nicht sogar beidhändig bist, bist du ziemlich sicher auch entweder links- oder rechtsäugig. Das heißt nichts anderes, als dass du ein Auge hast, das du lieber verwendest, auch wenn es dir bis jetzt vielleicht noch nicht wirklich aufgefallen ist. Dabei muss es nicht automatisch sein, dass du rechtsäugig bist, wenn du RechtshänderIn bist. Und es muss auch nicht unbedingt sein, dass du das Auge bevorzugst, mit dem du am besten siehst. Ungefähr 90 % aller Menschen sind RechtshänderInnen. Etwa 70 % sind rechtsäugig.
Da deine beiden Augen doch meist eine Handbreite voneinander entfernt sind, bekommt auch dein Gehirn zwei leicht unterschiedliche Bilder und muss sie zu dem einen Bild vereinen, das du bewusst siehst. Das macht dein Gehirn eigentlich ständig. Dabei ergänzt es das gesehene Bild des bevorzugten Auges (auch „dominantes“ Auge genannt), mit dem des nicht-dominanten Auges. Diesen Vorgang nennt man „Fusion“, also „Verschmelzung“. Wenn es aber darum geht, genaue räumliche Information zu sammeln, z. B . wenn du Darts spielst und den Pfeil genau in die Mitte der Zielscheibe werfen möchtest, dann blendest du die überflüssige und möglicherweise ablenkende Information dadurch aus, indem du einfach das nicht-dominante Auge schließt. Auch das machst du meist ganz automatisch, ohne viel darüber nachzudenken.
Es gibt unterschiedliche Methoden, mit denen du bestimmen kannst, ob du links- oder rechtsäugig bist. Versuch es doch einfach mal gleich mit dieser Methode:
Schau dich um und suche einen Punkt auf der Wand gegenüber von dir, sagen wir der Einfachheit halber mal, einen Lichtschalter. Dann strecke einen Arm aus, und ziele mit dem Daumen so genau wie möglich in die Richtung des Schalter. Dabei lässt du zuerst mal beide Augen geöffnet. Ziemlich sicher wirst du nun deinen Daumen „zweimal“ sehen! Wenn du dir sicher bist, dass dein Daumen genau in die Richtung des Schalters zeigt, schließt du nun zuerst das linke und dann das rechte Auge. Das Auge, bei dem dein Daumen auf bzw. über dem Lichtschalter bleibt, ist dein dominantes Auge. Bei deinem nicht-dominanten Auge sieht es aus, als würde dein Daumen zur Seite „springen“.
Das Dilemma des Bogenschützen
Selbst wenn du jetzt weißt, welches deiner beiden Augen das dominante ist, treten auch noch andere physikalische Phänomene beim Abschießen eines Bogens auf. Wenn du jemals mit Pfeil und Bogen geschossen oder dabei schon einmal zugeschaut hast, ist dir da vielleicht auch schon folgendes aufgefallen: Wenn man Pfeil und Bogen hält, die Sehne des Bogens aber noch nicht zurückgezogen hat, dann schaut der Pfeil an einer Seite des Bogens vorbei. Er kann ja nicht durch den Bogen selbst hindurchfliegen (siehe linkes Bild).
Wenn man die Sehne zurückzieht und mit dem Pfeil zielt, zeigt der Pfeil nicht mehr ganz so weit an der Seite des Bogens vorbei (im rechten Bild). Wenn man nun die Sehne loslässt, um den Pfeil zu schießen, fliegt der Pfeil tatsächlich entlang der Zielrichtung. Dieses physikalische Phänomen heißt „Archer’s Paradoxon“.
Der sich schlängelnde Pfeil
Aber, während die Sehne den Pfeil nach vorne zieht, kommt der Pfeil wieder kurz in seine Ausgangslage, in der er ja seitlich an dem Bogen vorbeigezielt hat. Wie kann es dann sein, dass der Pfeil trotzdem entlang der Zielrichtung fliegt?
Das funktioniert deshalb, weil der Pfeil nicht starr bleibt, sondern sich in der Luft und am Bogen vorbei verbiegt. Das sieht ungefähr so aus, wobei der Punkt den Bogen aus der Sicht von oben darstellt:
Du siehst schon, das Bogenschiessen ist eigentlich eine ziemlich anspruchsvolle Wissenschaft! Und genau deshalb war die Erfindung der Armbrust so eine Erleichterung für Jäger und Ritter. Wenn man eine Armbrust hatte, musste man nicht mehr so viel wissen und auch nicht mehr so viel üben, um mit ihr treffen zu können! Und weil das Bogenschießen so anspruchsvoll ist, zählt es zu den Präzisionssportarten und ist seit 1972 auch eine Olympische Disziplin!