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Der hemdsärmelige Forschergeist
des Herrn Osborne Reynolds

Autor: ©Science Pool, Ben
Dezember 2021

Wenn du dir eine Forscherin oder einen Forscher vorstellst, wie ist diese Person und wie sieht sie oder er, deiner Vorstellung nach aus? Vielleicht stellst du dir eine Person vor, die einen Laborkittel trägt, in einem Hightech-Labor arbeitet, super schlau ist und alle Aufgabenstellungen mit links löst? Ja, natürlich gibt es genau solche Forscherinnen und Forscher. Aber vor allem sind Forscher:innen eines: sie sind sehr sehr neugierig und  begeisternsich für eine bestimmte Sache so, dass sie alle Fragen rund um dieses Thema entdecken und lösen möchten.

Osborne Reynolds wollte es einfach wissen

Osborne Reynolds war ein Forscher, der die Dinge etwas anders anging. Anfangs war noch nicht ganz klar, was aus Osborne werden würde, denn in seiner Familie väterlicherseits gab es viele Priester. Direkt nach seiner Schulausbildung begann Osborne zu arbeiten. Und zwar als einfacher Lehrling in einem Ingenieursbüro. Ab diesem Moment war sein Weg vorgezeichnet. Denn dort begann er, genau zu beobachten und zu hinterfragen. Das Ergebnis? Ein Meilenstein in der Physik! Denn seine Reynoldszahl wirkt vielleicht auf den ersten Blick wie eine physikalische Größe, die nur ein beschränktes Anwendungsfeld hat. Vielleicht ist sie wichtig, wenn man Rohre baut oder Springbrunnen designt. Allerdings findet die Reynoldszahl tatsächlich in erstaunlich vielen anderen Bereichen ihre Anwendung: Man kann erforschen, wie sich aquatische Tiere durch das Wasser bewegen, wie sich Flugzeuge oder Windräder bewegen, wieviel Kraft man braucht, um Wasser durch Rohre zu pumpen, wie Wirbelströme entstehen und vieles mehr. Jetzt aber wollen wir auf den Spuren von Osborn Reynolds forschen …

Krempeln wir die Ärmel hoch und gehen wir‘s an.

Die folgenden Bilder stellen eine Flüssigkeit dar, die durch ein Rohr fließt. Die Pfeile geben dir die Richtung an, in die sich die Wasserteilchen bewegen. Was meinst du, welches zeigt eine geordnete Strömung und welches eine chaotische?

Auf dem linken Bild siehst du, dass sich alle Teilchen der Flüssigkeit in dieselbe Richtung bewegen. Sie fließt in Schichten. Das nennt man eine laminare Strömung.

Auf dem rechten Bild siehst du, dass die Teilchen durcheinandergewirbelt werden. Sie bewegen sich kreuz und quer. Diese chaotische Strömungsart nennt man auch eine turbulente Strömung.

Wissenschaftler versuchen seit sehr langer Zeit das Verhalten von turbulenten Strömungen zu beschreiben. Einer dieser Wissenschaftler war Osborne Reynolds, ein britischer Physiker. Reynolds gelang es zwar nicht, die Bewegung turbulenter Strömungen vorherzusagen, aber er hat beschrieben, unter welchen Bedingungen eine Strömung von laminar zu turbulent übergeht. Dafür hat er die Reynolds-Zahl eingeführt, die von unterschiedlichen Eigenschaften der Flüssigkeit (z.B. ihrer Geschwindigkeit) abhängt.

Rate mal: welche der folgenden Bilder zeigt eine laminare Strömung?

Reynolds zufolge werden Flüssigkeiten turbulenter, je schneller sie fließen und das kannst du ganz leicht zuhause testen. Du drehst den Wasserhahn nur ganz wenig auf. Wenn du das machst, kann es sein, dass das Wasser glasklar aus der Leitung kommt. Das Wasser (das erste Bild links), das fast wie ein Eiszapfen aussieht, strömt sehr geordnet. Wenn du den Wasserhahn allerdings weiter aufdrehst (die beiden Bilder rechts), wird das Wasser immer schneller und chaotischer herausströmen. Das Wasser wird nun leicht milchig. Hier haben wir nun eine turbulente Strömung.

Zeigen die nun folgenden Bilder laminares oder turbulentes Strömen? Und warum? Haben diese Flüssigkeiten vielleicht eine „gemeine“ Eigenschaft, die dies verursacht?

Flüssigkeiten wie Duschgel, Honig und Sirup sind zähflüssig oder auch dickflüssig. Wenn eine Flüssigkeit diese Eigenschaft besitzt, dann bedeutet es, dass sie nicht sehr fließfähig ist. Würde man zum Beispiel ein Glas Honig auf den Kopf stellen, dann bräuchte der Honig einige Zeit, um herauszufließen. Bei einem Glas Wasser wäre es logischerweise anders. Denn Wasser ist dünnflüssiger als Honig. Dieses Experiment kann man übrigens natürlich zuhause durchführen, muss man aber nicht, wenn man nichts schmutzig machen möchte. 😉

„Dickflüssigkeit“ nennt man auch Viskosität. Sie war auch für Reynold sehr interessant, denn sie hat nicht nur auf die Geschwindigkeit des Fließens eine Auswirkung, sondern auch auf die Art des Stroms! Wenn du dir die Flüssigkeiten auf den Bildern genau ansiehst, dann lässt sich leicht erkennen, dass beide Flüssigkeiten in den Bildern laminar fließen. Das sieht man an der glasklaren Form, die an einen Eiszapfen erinnert.

Reynolds meint, dass eine Flüssigkeit, die sehr dickflüssig ist, eher nicht turbulent wird. Wohingegen eine Flüssigkeit, die sehr dünnflüssig ist (wie Wasser zum Beispiel), sehr schnell turbulent wird.

Gruselig im Flugzeug, aber eigentlich extrem spannend:
die turbulente Luft

Was denkst du über dieses Bild unterhalb? Welcher Bereich (A oder B) zeigt laminare und welcher turbulente Strömung?

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Laminar-turbulent_transition.jpg

Laminare bzw. turbulente Strömungen gibt es nicht nur bei Flüssigkeiten, sondern auch bei Gasen. Der Begriff, der sowohl Flüssigkeiten als auch Gase zusammenfasst, heißt „Fluid“. Auf diesem Bild siehst du die Abbildung einer Kerze mit dem Rauch, der beim Ausblasen entsteht. Übrigens, damit man die heißen Gase, die von der ausgeblasenen Kerze ausgehen auch sehen kann, wird die Fototechnik der „Schlierenfotographie“ eingesetzt, die von einem Chemiker entwickelt wurde.

Die Reynoldszahl und was sie bedeutet

Reynold stellte bei seinen Forschungen fest, dass nicht nur die Eigenschaften des Fluids bestimmt, ob es laminar oder turbulent fließt, sondern auch die Länge der Strömung. Mit zunehmender Länge des Fließens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Fluid turbulent wird. Und genau das sieht man auch auf dem Foto mit der Kerze. Das heiße Gas, das von der Kerze aufsteigt, beginnt „laminar“ und endet nach einiger Zeit in einem „turbulenten“ Strom.

Wenn man nun noch einen letzten Teil hinzufügt, dann haben wir die Gleichung der Reynoldszahl komplett. Und das wäre die Dichte des Fluids. Auch sie spielt eine große Rolle, wenn es um Strömungen geht.

Vielleicht konnten wir jetzt das Geheimnis des Wassers und seiner Strömungen nicht ganz lösen, aber zumindest konnten wir gemeinsam mit dir einen Blick auf die faszinierende Welt der Turbulenzen werfen. Denn mit unserem Kalliroskop kannst du jetzt Wirbel und Querströmungen sichtbar machen. Und möglicherweise hast du ja auch eines Tages eine erleuchtende Eingebung, wie man ein wenig mehr Ordnung in die bewegte Welt der Turbulenzen bringen kannst.